St. Pauli unterliegt Bayern München und schreibt Bundesliga-Geschichte
Der FC St. Pauli hat sich gegen den FC Bayern München teuer verkauft, gegen den Fußball-Rekordmeister aber eine verdiente 0:1 (0:1)-Niederlage kassiert. Der Aufsteiger bleibt damit auch im fünften Heimspiel nach seiner Bundesliga-Rückkehr ohne eigenen Treffer im Millerntor-Stadion.
Damit schrieben die Hamburger am Sonnabendnachmittag wider Willen Geschichte: Als erster Verein überhaupt seit der Gründung der Bundesliga gelang es ihnen nicht, in den ersten fünf Partien vor eigenem Publikum ein Tor zu erzielen. Gegen abgeklärt und überlegen agierende Bayern besaß der Zweitliga-Champion keine einzige 100-prozentige Chance.
"Für den neutralen Zuschauer war es wahrscheinlich nicht sehr sexy zuzuschauen, weil es nicht so viele Torchancen gab." Bayern Münchens Mittelfeldspieler Joshua Kimmich
So vorzüglich die Defensivleistung der Hausherren war, so schwach war ihre Offensivvorstellung. Auch die Gäste geizten mit tollen Angriffen, kamen durch einen "Sonntagsschuss" von Jamal Musiala (22.) aber zu drei Punkten.
Wahl: "Sind brutal enttäuscht"
"Wir sind brutal enttäuscht, weil hier mehr drin war. Ich finde, dass wir es extrem gut im tiefen Block verteidigt haben. Der FC Bayern hatte wenige klare Möglichkeiten aus dem Spiel heraus, das Tor fällt so ein bisschen wie aus dem Nichts", sagte St.-Pauli-Verteidiger Hauke Wahl im NDR Interview.
Sein Teamkamerad Johannes Eggestein befand: "Wir haben gut gekämpft und alles reingeworfen." Der Angreifer zeigte sich zudem optimistisch, dass der Kiezclub in den kommenden Partien wieder mehr Akzente wird setzen können: "Da wird wieder mehr möglich sein."
Blessin rührt Beton an
St. Paulis Trainer Alexander Blessin entschied sich gegen das Münchner Millionen-Ensemble wenig überraschend für eine sehr defensive taktische Ausrichtung. Bei Ballbesitz der Gäste - und davon hatten die Bajauwaren in den ersten 45 Minuten 69 Prozent - formierten sich die Hamburger vor dem eigenen Strafraum mit einer Fünferkette. Davor bauten sich zur Sicherheit zumeist noch vier weitere Akteure auf. Einzig Mittelstürmer Eggestein lief die Münchner hin und wieder etwas höher an.
Kurzum: St. Pauli tat das, was in Fußballer-Kreisen gerne mit "den Mannschaftsbus vor dem eigenen Tor parken" tituliert wird. Eine wirkliche Alternative zu dieser destruktiven Spielweise hatte das Blessin-Team realistisch betrachtet nicht. Hätte der Coach seine individuell deutlich unterlegene Mannschaft munter stürmen lassen, der Aufsteiger hätte vermutlich ein paar "Watchn" mehr in Abschnitt eins bekommen als die eine von Musiala.
Musiala überwindet Vasilj mit Flatterball
Der Nationalspieler überwand Keeper Nikola Vasilj in der 22. Minute mit einem Rechtsschuss aus 30 Metern, der eine seltsame Flugbahn nahm und von der Unterkante der Latte im Netz einschlug. Ein fraglos schönes Tor, das jedoch zu verhindern gewesen wäre. Denn die Hausherren hatten den Angriff der Münchner zuvor bereits abgefangen, ließen sich den Ball dann aber von Musiala wieder abnehmen.
St. Pauli ohne klare Torchance vor der Pause
Bitter für den Außenseiter, der bis dahin sehr diszipliniert verteidigt sowie kaum etwas zugelassen hatte und zudem nach Balleroberungen bemüht war, blitzschnell umzuschalten. Nennenswerte Offensivaktionen der Blessin-Elf vor der Pause hatten zwar Seltenheitswert. Bei ihren wenigen Angriffen deuteten die Hanseaten aber an, die eine oder andere Idee gegen die Abwehr des Rekordchampions im Hinterkopf zu haben.
Die 1:0-Pausenführung des Spitzenreiters war dennoch mehr als verdient und hätte auch etwas höher ausfallen können, wenn Leroy Sané und Co. in einigen Situationen nicht etwas zu verspielt gewesen wären.
Bayern überlegen, aber vorerst nicht zwingend
Auch nach dem Seitenwechsel hielt die Dominanz der Gäste unvermindert an. Richtig zwingend waren die Offensivaktionen des Tabellenführers aber nicht. Mit Ausnahme eines Kopfballs von Harry Kane, der deutlich neben dem Gehäuse landete (53.), wurde die Elf von Coach Vincent Kompany nicht gefährlich.
Der Belgier, in längst vergangenen Zeiten Bundesliga-Verteidiger beim inzwischen zum Zweitliga-Urgestein mutierten Hamburger SV, sah in seiner früheren Wahlheimat einen sehr seriösen, aber fußballerisch selten kreativen Auftritt seiner Equipe.
Münchner Chancenwucher in der Schlussphase
Ein paar Chancen sprangen aus den Angriffsbemühungen der Gäste dann aber doch noch heraus. Sané (76., 79.), Musiala (86.) und Kane (89.) vergaben jedoch das 2:0, sodass St. Pauli bis zum Schluss auf einen "Lucky Punch" hoffen durfte. Aber zu einer Tormöglichkeit kamen die Hanseaten auch in den letzten Minuten einer insgesamt recht langatmigen Begegnung nicht mehr.